Der völkerrechtswidrige Angriff der Russische Föderation auf die Ukrainer hat die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Sukzessive Reduzierungen der Gasimportmengen von russischen Lieferanten nach Deutschland waren die Folge, mit einem weiteren Rückgang ist zu rechnen.
I.
Nachdem das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bereits am 30. März 2022 die Frühwarnstufe und am 23 Juni 2002 20 die Alarmstufe nach Art. 8 Absatz 2b und Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 in Verbindung mit dem Notfallplan Gas des Bundesministeriums für Wirtschaft Energie vom September 2019 ausgerufen hatte, trat mit Wirkung zum 01.09.2022 die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) in Kraft. Die Verordnung ist zunächst bis zum 28.02.2023 befristet.
Zusammengefasst hat die Verordnung folgende Auswirkungen, das ursprünglich diskutierte Recht des Vermieters, die Raumtemparatur in Wohnräumen zu senken, wurde fallengelassen:
1. Wohnraum
Eine Vereinbarung in einem Mietvertrag über Wohnraum, nach welcher der Mieter durch eigene Handlungen eine Mindesttemperatur zu gewährleisten hat, ist für die Dauer der Verordnung ausgesetzt. Das gilt auch für Mietverhältnisse, die vor dem 01.09.2022 begründet wurden.
Zudem ist in Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten die Beheizung von privaten, nichtgewerblichen innen- oder außen liegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt. Ausnahmen gelten für zwingend notwendige therapeutische Anwendungen.
Weiter wurden Eigentümern von Wohngebäuden mit mindestens 10 Wohneinheiten umfangreiche Informationspflichten auferlegt. Die Eigentümer haben den Nutzern u.a. Informationen über den Energieverbrauch und die Energiekosten der letzten vorangegangenen Abrechnungsperiode, die voraussichtlichen Energiekosten unter Berücksichtigung des am 01.09.2022im jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs für Erdgas und über das rechnerische Einsparpotenzial mitzuteilen. Bis zum 31.10.2022 müssen die Eigentümer zusätzlich den Nutzer für ihre jeweilige Wohneinheit spezifischen Informationen über ihren Verbrauch, über die bei unverändertem Verbrauch zu erwartenden Energiekosten und Kostensteigerungen sowie die spezifischen Reduktionspotenziale bei einer Temperaturreduktion um ein Grad Celsius mitzuteilen. Voraussetzung ist, dass die Eigentümer entsprechende Informationen von ihren Energieversorgern erhalten, denen die gleichen Informationspflichten gegenüber den Eigentümern/Vermietern auferlegt wurden.
Weitere Informationspflichten bestehen bezüglich Kontaktinformationen und Internetadresse von Verbraucherorganisationen, einer Energieagentur oder sonstigen Einrichtungen, bei denen Informationen über Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung u.ä. eingeholt werden können. Der Verordnungsgeber gestattet vereinfachend den Hinweis auf die Informationskampagne das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“ (www.energiewechsel.de) inklusive eines klaren und verständlichen Hinweises auf die Internetangebote der Informationskampagne und die dort genannten Effizienz- und Einsparinformationen.
Hier sind vermietende Sondereigentümer von Eigentümergemeinschaften zwingend auf Unterstützung durch die Eigentümergemeinschaft angewiesen, da Adressat der Informationen der Energieversorger die Gemeinschaft ist und die Informationen ohne Zeitverzug an den vermietenden Eigentümer gelangen müssen.
2. Gewerberaum
In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen untersagt, sofern nicht Fluchtwegfunktionalität aufrechtzuerhalten ist.
Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22:00 Uhr bis 16:00 Uhr des Folgetages untersagt, wiederum unter Berücksichtigung der o.g. Ausnahmen der Verkehrssicherheit und Gefahrenabwehr.
Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten – in Abhängigkeit von Art und Schwere der körperlichen Tätigkeiten – bis 12 °C abgesenkte Temperaturen als Mindesttemperaturwerte. Arbeitgeber, die unter Berücksichtigung der Raumspezifikationen die Raumtemperaturen auf die zulässigen Werte absenken, verletzen keine Pflichten aus Arbeitsverträgen, spiegelbildlich haben die Mitarbeiter in den Fällen kein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung.
II.
Mit Wirkung zum 01.10.2022 trat als weitere Energieeinsparmaßnahme die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) in Kraft, diese Verordnung ist bis zum 30.09.2024 befristet.
Zusammengefasst hat diese Verordnung folgende Auswirkungen:
1. Gebäude
Eigentümer von Gebäuden, die mit Anlagen zur Wärmeerzeugung durch Erdgas ausgestattet sind, müssen verpflichtend eine Heizungsprüfung durchführen und die Heizungsanlage des Gebäudes optimieren lassen. Die Verordnung stellt detaillierte Regelungen auf, nach denen unter anderem unter Berücksichtigung möglicher negative Auswirkungen auf die Bausubstanz die Absenkung der Vorlauftemperatur oder die Optimierung der Heizkurve, die Aktivierung von Nachtabsenkung, Nachtabschaltung oder ähnliche Maßnahmen, die Optimierung des Zirkulationsprinzips, die Absenkung der Warmwassertemperatur, etc. durchgeführt werden sollen.
Weiter verpflichtet die Verordnung Gebäudeeigentümer zum hydraulischen Abgleich von Gaszentralheizungssystemen, und zwar
bis zum 30.09.2023 in Wohngebäuden mit mindestens 10 Einheiten bzw. Nichtwohngebäuden ab 1.000 m² beheizter Fläche und
bis zum 15.09.2024 in Wohngebäuden mit mindestens 6 Wohneinheiten.
Auch hier gibt die Verordnung wieder spezifische Detailregeln vor, nach welchen der hydraulische Abgleich bspw. eine raumweise Heizlastberechnung nach DIN EN 12831:2017-09, eine Prüfung und Optimierung der Heizflächen im Hinblick auf eine möglichst niedrige Vorlauftemperatur, etc. beinhalten muss.
2. Wirtschaft
Unternehmen sind verpflichtet, konkret identifizierte und als wirtschaftlich durchführbar bewertete Maßnahmen in Energieaudits nach § 8 bzw. im Rahmen eines Energie- und Umweltmanagementsystems nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen, um die Energieeffizienz Ihres Unternehmens unverzüglich zu verbessern. Die Maßnahmen sind spätestens innerhalb von 18 Monaten umzusetzen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen müssen von Zertifizierern, Umweltgutachtern oder Energieauditoren bestätigt werden.